Interview mit dem leitenden Baudirektor a. D. und Freundeskreismitglied Uwe Sander

von | Mrz 27, 2021 | Archäologie-Aktuell, Interviews | 0 Kommentare

Wir führen regelmäßig Interviews mit Personen aus vielen, verschiedenen Bereichen aus Mecklenburg-Vorpommern, Deutschland und der Welt. Das Interesse an Archäologie findet man neben den beruflich Engagierten bei vielerlei Menschen. Bei Musikern, Schriftstellern, Professoren, Handwerkern, Politikern, Freunde der Klassik oder des Heavy Metal. Sie alle eint die Faszination von vergangenen Kulturen und der Geschichte in Ihrer Heimat oder an einem anderen Punkt in der Welt

In dieser Woche führten wir ein Interview mit Uwe Sander zum Thema Archäologisches Landesmuseum in MV.

„Hervorragende internationale Architektur am Stadthafen als angemessenes Zuhause für einzigartige archäologische Artefakte des Landes!“

– Uwe Sander

Unser Freundeskreismitglied Uwe Sander, Dipl.-Ing. für Architektur , Leitender Baudirektor a. D. , war als Vertreter des Landes MV ursprünglicher Bauherr des Archäologischen Landesmuseums . Bis Juni 2019 war Uwe Leiter des Geschäftsbereichs Hochschul- und Klinikneubau im Betrieb für Bau- und Liegenschaften des Landes Mecklenburg- Vorpommern mit Sitz in Rostock. Der BBL war eine obere Landesbehörde und mit Bau und Bewirtschaftung der landeseigenen Liegenschaften betraut. Als Auftragsverwaltung war Uwe für den Bund zuständig. Bis zum Austritt aus der Architektenkammer führte er zudem die Bezeichnung Architekt.

Zum Beginn als Lockerungsübung eine umgemünzte Gretchenfrage: Nun sag’, wie hast du’s mit der Archäologie?

Nun, eine späte Liebe.
Erst durch den Auftrag im Stadthafen der Universitäts- und Hansestadt Rostock ein Archäologisches Landesmuseum zu planen und zu bauen, bin ich auf die Archäologie gekommen. Tolle Artefakte, die uns das Landesamt für Kultur und Denkmalpflege im Rahmen einer Dienstreise gezeigt hat, haben mein Interesse geweckt.
Auch ein Besuch des Museums in Moesgaard bei Aarhus in Dänemark zeigte mir, wie interessant, ja spannend die Archäologie sein kann.

In Rostock soll in den kommenden Jahren das Archäologische Landesmuseum MV gebaut werden. Grund genug die Möglichkeiten, die solch ein neuer Museumsbau bringt, zu erörtern und Erwartungen und Ideen zu äußern. Was sollte Deiner Meinung nach dort wie gezeigt werden?

Neben einer Dauerausstellung über die Landesgeschichte unseres schönen Bundeslandes sollten auf jeden Fall im Rahmen von Sonderausstellungen thematische Schwerpunkte gezeigt und erläutert werden. Wichtig erscheint mir, die doch in den Köpfen der Jugend verstaubte Archäologie, derart zu vermitteln, dass auch die Jugend sich die Ausstellungen begeistert anschauen wird. Wichtig ist mir in diesem Zusammenhang, dass die Ausstellungsinhalte interaktiv spielerisch den Kindern gezeigt werden.
Dazu gab es in Moosgaard genug Beispiele, die insbesondere von den Kindern belagert wurden.

Springen wir vom Inhalt zur Hülle: Wie sollte das neue ALM aussehen?

Die, wie man heute so schön sagt, Location, ist eine sehr sensible und wichtige für Rostock. Direkt am Stadthafen, besser noch im Stadthafen, also auf dem Wasser, soll das Gebäude entstehen.
Die städtebauliche Konzeption sieht vor, dass man bereits vom Universitätsplatz an der Kröpeliner Straße nördlich gehend das imposante Gebäude sehen und erleben kann. Über die Lange und Schnickmannstraße erreicht man den Stadthafen und damit auch das Museum. Startpunkt wird hier die Brücke zum Ortsteil Gehlsdorf und zu den nördlichen Teilen der Bundesgartenschau 2025 sein.
Der Standort des Museums ist insoweit sehr bedeutend und hat Einfluss auf die Entwicklung des Stadthafens Rostock. Hier muss ein architektonisches Highlight entstehen.
Die staatliche Bauverwaltung Mecklenburg- Vorpommern lobt nunmehr einen Realisierungswettbewerb für dieses Gebäude aus. Dieser wird international ausgeschrieben und ich hoffe, dass renommierte deutsche und ausländische Büros daran teilnehmen werden.
Durch den Wettbewerb wird der Entwurf ausgewählt werden, der der Bedeutung des Standortes und des Gebäudes am gerechtesten wird.

Gibt es unter den Archäologiemuseen in Deutschland und darüber hinaus Vorbilder für das ALM?

Das ist eine gute Frage: Beschäftigt man sich mit Archäologischen Landesmuseen in Deutschland, fällt einem schnell auf, dass es wenig Neubauten gibt. Mir fallen da nur die Museen in Herne und die Keltenwelt am Glauberg ein. Die sind als reine Neubauten entstanden.
Meistens sind es Altbauten, die behutsam restauriert oder erweitert wurden. Aus diesem Grund ist unser Blick auch schnell nach Dänemark gewandert. Dort ist gerade in jüngster Zeit ein Archäologisches Museum bei Moesgaard entstanden. Der Besuch dieser Einrichtung war inspirierend. Die Architektur des Gebäudes unterstreicht den Inhalt des Museums. In der großen Eingangshalle kann man die Schritte der menschlichen Evolution bis in unsere Zeit nachvollziehen. Beeindruckend!

Unabhängig von Rostock und MV, was sollte ein Archäologisches Landesmuseum generell zeigen? Und was eher nicht?

Wichtig erscheint mir neben der Landesgeschichte auch einen Einblick in die heutige Archäologie zu geben. Dazu gehört m. E. ein Fund des Jahres, der an besonderer Stelle gezeigt werden soll.
Audio- und visuelle Impulse sollten immer wieder dazu anregen, sich mit den jeweiligen Themen auseinanderzusetzen.
Auch sehe ich thematische Schwerpunkte in Sonderausstellungen, die durchaus über Mecklenburg- Vorpommern hinausgehen dürfen. Schon allein die Lage des Museums an der Ostsee, da muss es etwas über Unterwasserarchäologie geben.

An wen sollte sich das ALM richten? Welche Besuchergruppe verdient besondere Aufmerksamkeit und darf nicht vergessen werden?

Das Museum muss alle Altersschichten ansprechen und im Urlaubsland Mecklenburg- Vorpommern werden auch viele Urlauber sich das Museum anschauen, wenn mal kein Strandwetter ist. Aber die Ausstellungsinhalte müssen Interesse wecken.

Was sollte das ALM in Rostock einzigartig machen?

Einzigartig wird die Architektur sein. Die Architektur wird den Artefakten die Bedeutung geben, die sie verdient haben.
Interessante Ausstellungen unter Einbeziehung von innovativen und spannenden Konzeptionen sollen das Museum über die Landesgrenzen hinaus so bekannt machen wie das Ozeaneum in Stralsund.

Persönlich:

Ich hoffe, dass der internationale Wettbewerb zu einem Ergebnis führen wird, dass die Universitäts- und Hansestadt Rostock noch liebenswerter machen wird.
Ich freue mich schon darauf, mit meinen Enkeln durch das Gebäude zu gehen und die großartigen Ausstellungen anzuschauen.
Vielleicht entdecken sie dann die Liebe zur Archäologie.

Das Interview führten wir am 20.3.2021.
Wir bedanken uns ganz herzlich bei Uwe Sander.