Interview mit Sven Fabrice Friedrich – Sänger der Band Stereo Herz

Mai 23, 2021 | Archäologie-Aktuell, Interviews | 0 Kommentare

Wir führen regelmäßig Interviews mit Personen aus vielen, verschiedenen Bereichen aus Mecklenburg-Vorpommern, Deutschland und der Welt. Das Interesse an Archäologie findet man neben den beruflich Engagierten bei vielerlei Menschen. Bei Musikern, Schriftstellern, Professoren, Handwerkern, Politikern, Freunde der Klassik oder des Heavy Metal. Sie alle eint die Faszination von vergangenen Kulturen und der Geschichte in Ihrer Heimat oder an einem anderen Punkt in der Welt

In dieser Woche führten  wir ein Interview mit Sven Fabrice Friedrich zum Thema Archäologisches Landesmuseum in MV.

„Wie war es während der Wikingerzeit? Was ist auf dem Schlachtfeld im Tollensetal passiert? Welche Artefakte gibt es in der Ostsee zu entdecken? Wenn ich darüber nachdenke, bekomme ich dieses kindliche Leuchten in meinen Augen.“

 

– Sven Fabrice Friedrich

Sven Fabrice Friedrich ist nicht nur Vollblutmusiker, sondern auch Vollblut-Mecklenburger. Er arbeitet als Komponist, Autor und Produzent. Bekannt geworden ist er als Gründer und Sänger des Deutsch-Pop-Duos Stereo Herz. Zusammen mit Co-Sängerin Jessica Reincke tourt er durchs Land und versucht neben seinen Auftritten immer auch noch etwas von den Regionen mitzunehmen, z. B. bei einen Museumsbesuch. Im Interview mit dem Freundeskreis Archäologisches Landesmuseum erklärt Sven Fabrice Friedrich welche Bedeutung ein neues archäologisches Museum für MV haben sollte und welche Ideen er dafür hat.

Zum Beginn als Lockerungsübung eine Anspielung auf das erste Album von Stereo Herz: Können wir in MV besser Stoh zu Gold machen als anderswo? Und wenn ja, was bedeutet das für ein neues archäologisches Landesmuseum?

Die Aussage „Mach dein Stroh zu Gold“ ist im Kern eine Motivation an den Schöpfer in uns. Es geht darum, den inneren Schweinehund zu besiegen, sein Leben selbstbestimmt in die Hand zu nehmen und die leeren Seiten im Buch des eigenen Lebens selbst zu beschreiben – also wenn man so will, eine simple Anleitung zum Glücklichsein. Ob wir in MV das besser hinbekommen als anderswo, kann ich nicht beurteilen. Für ein archäologisches Landesmuseum bedeutet das jedoch: „Einfach machen! Ein ALM für MV halte ich persönlich für längst überfällig.“

In Rostock soll in den kommenden Jahren das Archäologische Landesmuseum MV gebaut werden. Was sollte Deiner Meinung dort gezeigt werden? Welche Möglichkeiten siehst Du in solch einem neuen Museumsbau?

MV hat mit seiner Ostseeanbindung sicher eine spannende Kulturgeschichte. Hier fanden schon immer Handel, Neubesiedlung aber auch Umsturz und Auseinandersetzungen statt. Das hinterlässt Spuren und genau die wünsche ich mir hier exponiert.

Um konkreter zu werden: Welchen Schwerpunkt sollte die Dauerausstellung haben? Und welche Funde sollten im ALM gezeigt werden?

Das „Graben in der eigenen Vergangenheit“ beinhaltet ja auch die Chance auf Erkenntnis, wie es hier früher einmal aussah. Und das würde mich tatsächlich brennend interessieren. Wie war es während der Wikingerzeit? Was ist auf dem Schlachtfeld im Tollensetal passiert? Welche Artefakte gibt es in der Ostsee zu entdecken? Wenn ich darüber nachdenke, bekomme ich dieses kindliche Leuchten in meinen Augen.

Wie sollten im ALM archäologische Artefakte präsentiert werden?

Ich kann mir eine multimedial unterstützte Präsentation tatsächlich sehr gut vorstellen. Je mehr Sinne angesprochen werden, desto spannender kann es werden. Die Feinheiten dürfen sich allerdings die Fachleute ausbrüten 😉

Das bringt uns zu einer zentralen Frage an den Musiker: Archäologische Artefakte sind erst einmal stumme Zeugen der Vergangenheit. Musik spielt abgesehen von dem marginalen Fachgebiet der Musikarchäologie keine bedeutende Rolle. Soll bei der Präsentation von historischen Gegenständen Musik eingebunden werden? Und wenn ja, wie?

Unbedingt! Jeder gute Blockbuster hat ja auch einen entsprechend unterstützenden Soundtrack. Das „Wie“ hängt für mich allerdings von den dargestellten Szenarien und Exponaten ab. Du machst ja nicht erst den Soundtrack und schreibst dann den Film dazu. Menschen können sich geschichtliche Situationen und Gegebenheiten ja besser vorstellen, wenn ihnen Bilder in die Hand gegeben werden. O-Töne mit entsprechenden Geschichten – aus Sicht einer damalig lebenden Person – könnten vielleicht ein gutes Präsentations-Stilmittel sein.

In den letzten Jahren kursierte eine Fülle an Ideen für das ALM. Die Spannweite reicht von Kindererlebnismuseum bis zum Forschungszentrum, von Unterwasserarchäologiebereich bis hin zu Netzwerkstelle für ehrenamtlich Tätige der Boden- und Denkmalpflege. Welche bereits existierenden Ideen sollten im ALM unbedingt verwirklicht werden?

Ich kenne diese Ideen im Einzelnen nicht unbedingt, kann mir aber definitiv Unterwasserarchäologie und Erforschung als zwei Teilbereiche sehr gut vorstellen.

Springen wir vom Inhalt zur Hülle: Wie sollte das neue ALM aussehen?

Puh, ich bin eher ein akustisch-visionierender Typ. Mehr Streicher, weniger Synthis vielleicht? Oder eine ausgewogene Mixtour zwischen klassischen Instrumenten und futuristischer Spannung? Ich weiß nicht genau, nur bitte nicht „altbacken“. Es gibt leider schon genug Museen, die allein wegen ihrer eingestaubten Verpackung nur noch selten besucht werden. Und das finde ich sehr schade.

Eine Frage an den passionierten Museumsbesucher Sven Fabrice Friedrich: Gibt es unter den Museen in Deutschland und darüber hinaus Vorbilder für das ALM?

Es gibt eine Vielzahl Museen, die mich in meinem Leben wirklich fasziniert haben. Als junger Heranwachsender war ich begeistert vom Grünen Gewölbe und dem Pergamonmuseum. Ich finde die Schlossgeschichte meiner Heimatstadt Güstrow beeindruckend. Ich mag Barlach mit all seinen Facetten. Und erst kürzlich war ich in einem der ältesten Kunstmuseen Europas, dem Herzog Anton Ulrich-Haus in Braunschweig, um mir die Gemäldegalerie der Alten Meister anzusehen. Dürer und Rembrandt sind ein „Must-See“ für mich. In puncto Vorbilder halte ich es allerdings eher wie David Bowie: „Keine exakten Wiederholungen oder Kopien bitte!“

Unabhängig von Rostock und MV, was sollte ein Archäologisches Landesmuseum generell zeigen? Und was eher nicht?

Neuzeitliche Geschichte lässt sich mittlerweile überall nacherleben. Das könnte für mein Dafürhalten tatsächlich vernachlässigt werden.

Welche Besuchergruppe verdient besondere Aufmerksamkeit und darf nicht vergessen werden? An wen sollte sich das ALM richten?

Entdecker, Abenteurer, Kinder, Jugendliche, Schulen, Touristen, Menschen auf der Suche nach unseren ursprünglichen Wurzeln …

Was sollte das ALM in Rostock einzigartig machen?

Ich glaube, MV hat eine unglaublich spannende Kulturgeschichte. Warum verstaubt unser Kulturgut in irgendwelchen Depots? Warum muss ich nach Roskilde, Köln oder Timbuktu reisen, um mir Dauerleihgaben aus unserem Bundesland anzusehen?

Persönlich:

Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Allein unsere Geschichte ist absolut einzigartig. All die kleinen stummen Zeitzeugen in einem Archäologischen Landesmuseum MV zusammenzuführen, halte ich für längst überfällig.

Das Interview führten wir am 25.4.2021.
Wir bedanken uns ganz herzlich bei Sven Fabrice Friedrich.