Interview mit Sven Rose – Kaufmännischer Leiter der MuSeEn gGmbH

Mai 29, 2021 | Archäologie-Aktuell, Interviews | 0 Kommentare

Wir führen regelmäßig Interviews mit Personen aus vielen, verschiedenen Bereichen aus Mecklenburg-Vorpommern, Deutschland und der Welt. Das Interesse an Archäologie findet man neben den beruflich Engagierten bei vielerlei Menschen. Bei Musikern, Schriftstellern, Professoren, Handwerkern, Politikern, Freunde der Klassik oder des Heavy Metal. Sie alle eint die Faszination von vergangenen Kulturen und der Geschichte in Ihrer Heimat oder an einem anderen Punkt in der Welt

In dieser Woche führten  wir ein Interview mit Sven Rose zum Thema Archäologisches Landesmuseum in MV.

„Unsere großartige Geschichte braucht ein adäquates Zuhause.“

– Sven Rose

Sven Rose ist als Kaufmännischer Leiter bei der MuSeEn gGmbH des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte für das AGRONEUM in Alt Schwerin, das Schliemann Museum in Ankershagen und das 3 Königinnen Palais auf der Schlossinsel in Mirow tätig. Aus seiner täglichen Arbeit weiß er um das Spannungsfeld von Anspruch, Inhalt und Präsentation von Ausstellungen.

Zum Beginn als Lockerungsübung eine umgemünzte Gretchenfrage: Nun sag’, wie hast du’s mit der Archäologie?

Mein beruflicher Werdegang ließ eigentlich nicht vermuten, dass ich mich eines Tages mit dem Thema Museum und auch zum Teil mit der Archäologie auseinandersetzen würde. Aber auch Heinrich Schliemann hat bewiesen, dass man sich als Laie erfolgreich in neue Fachgebiete einarbeiten kann, wenn man Interesse und Leidenschaft mitbringt. Seit meiner Jugend begleitet mich das Interesse für Geschichte und ihre Erforschung. Eines meiner Lieblingsbücher, Gustav Schwab: Die Sagen des Altertums. Aber auch die Regionalgeschichte war und ist für mich faszinierend. Sie gibt Auskunft über unser kulturelles Erbe, zeigt woher wir kommen, was vor uns war. Auch deshalb verfolge ich rege die Erforschung eines slawischen Zentralheiligtums, das in der Nähe meines Wohnortes vermutet wird. Es gab und gibt also in meinem Leben eine stete Verbindung zur Archäologie.

In Rostock soll in den kommenden Jahren das Archäologische Landesmuseum MV gebaut werden. Grund genug die Möglichkeiten, die solch ein neuer Museumsbau bringt, zu erörtern und Erwartungen und Ideen zu äußern. Was sollte Deiner Meinung nach dort wie gezeigt werden?

Die Präsentation und Vorstellung der wechselhaften Geschichte unseres Landes einschließlich der historischen und geologischen Entwicklung unserer einzigartigen Landschaft, halte ich für wesentlich. Ebenso den Aspekt, dass die Ausstellung breite Bevölkerungsschichten anspricht. Sie sollte leicht zugänglich sein und die Inhalte spannend inszeniert präsentieren. Besonderes Augenmerk sollte dabei auf die Interessen und Ansprüche von Kindern und Jugendlichen gelegt werden, die ihre ganz eigenen Blickwinkel und Perspektiven zu einem Museumsbesuch mitbringen. Darüber hinaus ist Mecklenburg–Vorpommern ein künstliches Gebilde, jedoch mit einer gemeinsamen regionalen Geschichte. Vielleicht gelingt es auch, hier ergänzend identitätsstiftend zu wirken. Das wäre dann in der Summe meine Idealvorstellung für das Archäologische Landesmuseum MV.

Um konkreter zu werden: Welche Funde sollten im ALM gezeigt werden? Und welche Schwerpunkte sollte die Dauerausstellung haben?

Das zu entscheiden, ist Sache der der Fachleute. Ich persönlich würde gern die spektakulären Funde der letzten Jahre sehen: den Blauzahn-Schatz und die bronzezeitlichen Funde aus dem Schlachtfeld am Tollensetal. Die Siedlungsgeschichte unseres Landes ist aus meiner Sicht ebenso ein Schwerpunkt, der im ALM nicht fehlen darf.

Springen wir vom Inhalt zur Hülle: Wie sollte das neue ALM aussehen?

Es sollte schon in seiner äußeren Gestaltung darauf aufmerksam machen, worum es inhaltlich geht. Da erwarten uns sicher spektakuläre Entwürfe, über die man dann trefflich streiten kann. Aus meiner Position heraus wäre von großer Bedeutung, dass die Funktionalität und Praktikabilität im täglichen Betrieb entscheidende Rollen bei der Bewertung spielen. Hier bedarf es intelligenter und nachhaltiger Lösungsansätze. Der Betrieb muss von Anfang an mitgedacht werden. Eine hohe Flexibilität der Ausstellungsräume, die die zukünftigen Entwicklungsmöglichkeiten berücksichtigen, ist wichtig. Ergänzende Bereiche wie Einrichtungen für die Museumspädagogik, Erlebnisplätze für Kinder, Gastronomie, Shopbereiche und ausreichend Veranstaltungsflächen im Außengelände sind für ein zeitgemäßes als auch zukunftsorientiertes Museumskonzept ebenso unabdingbar und dürfen nicht außer Acht gelassen werden.

Welche bereits existierenden Ideen sollten im ALM unbedingt verwirklicht werden?

Da das Museum im Rostocker Stadthafen verortet sein soll, fände ich es wirklich spektakulär, wenn die Unterwasserarchäologie authentisch dargestellt werden könnte. Die Nachbildung der originalen Fundorte, wäre sicherlich ein Alleinstellungsmerkmal im Ostseeraum. Die Idee eines Kindermuseums im Museum kann ebenfalls Bestandteil der Aufgabenstellung sein.

Wie sollten im ALM archäologische Artefakte präsentiert werden?

Das lässt sich natürlich nicht pauschal beantworten, denn jeder Fund ist anders und einzigartig. Dementsprechend sollte dann auch die Präsentation konzipiert und passend in den Gesamtkontext integriert werden. Für den Betrachter soll greifbar sein, worin die Besonderheiten liegen und worin der historische Zusammenhang besteht.

Museumsbesucher wollen gern anfassen und sich Dinge haptisch aktiv erschließen. Das ist für die Präsentation immer zu berücksichtigen und somit ein gewisses Maß an Interaktion unbedingt erforderlich. Eine dem Ausstellungsinhalt entsprechende, sowie sinnvolle, Verbindung von digitalen und analogen Elementen ist dabei ein entscheidender Schlüssel, um für die Besucher eine Ausstellung mit nachhaltigem Erlebniswert zu schaffen.

Gibt es unter den Archäologiemuseen in Deutschland und darüber hinaus Vorbilder für das ALM?

Es gibt sicher viele gute Ideen und Ansätze aus anderen Museen, die im Detail als Vorbild genutzt werden können. Aus meiner Sicht lohnt sich ein Blick in die Ausstellung des Landesmuseums für Vorgeschichte in Halle (Saale).

Unabhängig von Rostock und MV, was sollte ein Archäologisches Landesmuseum generell zeigen? Und was eher nicht?

Meine inhaltlichen Erwartungen an die Ausstellung des ALMs habe ich bereits ausgeführt. Interessant wäre zusätzlich, ob ein Blick in die Zukunft möglich ist? Wenn es um die inhaltlichen Grenzen geht, dann ist von Bedeutung, wo die Betrachtung idealerweise enden sollte, damit das Konzept schlüssig bleibt und nicht zu weitläufig wird.

An wen sollte sich das ALM richten? Welche Besuchergruppe verdient besondere Aufmerksamkeit und darf nicht vergessen werden?

Touristen, Kinder und Einheimische und zwar in dieser Reihenfolge.

Was sollte das ALM in Rostock einzigartig machen?

Die innovative, interaktive Präsentation interessanter Funde in einer spektakulär gestalteten Umgebung.

Persönlich:

Ich wünsche dem Vorhaben eine breite Unterstützung. Gerade in diesen Tagen erkennen wir deutlich, welche Bedeutung Kultur und Geschichte in unserer Gesellschaft haben.

Das Interview führten wir am 18.4.2021.
Wir bedanken uns ganz herzlich bei Sven Rose.